Julius Simonsen - vom Kunstverlag in Oldenburg zur Druckerei in Lensahn
In Süderbrarup in Angeln als Sohn eines Schlachtermeisters geboren, kam Julius Simonsen nach abgeschlossener kaufmännischer Lehre Ende des vergangenen Jahrhunderts, 1896, als 20-jähriger nach Oldenburg. Hier fand er auch gleich bei dem am Markt 8 wohnenden, aus Dänemark stammenden Photographenmeister Christensen Arbeit und Unterkunft. Da Christensen beabsichtigte, in sein Heimatland zurückzukehren, und einen Nachfolger suchte, erlernte der Kaufmann Julius Simonsen, als seinen zweiten Beruf, bei ihm noch das „Photographen-Handwerk“. Am 1. November 1899 übernahm er dann das Photo-Geschäft in eigene Regie.
Mit dem Aufblühen des Fremdenverkehrs nach der Jahrhundertwende, sowohl an der gesamten deutschen Ostseeküste als auch an der Nordsee, sah Julius Simonsen auch für sich ein neues Betätigungsfeld: Herstellung und Vertrieb von Ansichtskarten mit Motiven aus den nach und nach sich weiter entwickelnden oder neu entstehenden Bädern. Um seinem Haus auch nach außen hin Klang und Namen zu geben, bezeichnete er es als „Kunstverlag“. - Echte Postkarten und Ansichten vom Badeleben und sonstigen Sehenswürdigkeiten in den einzelnen Orten, von Flensburg bis Tilsit und von Husum bis Emden, wurden im Bromsilberdruck (in Fachkreisen auch „Kilometer-Photographie“ genannt) in seinem Verlag hergestellt.
Der Umsatz stieg ständig und mit ihm auch die Zahl der Mitarbeiter. Filialgeschäfte in Burg auf Fehmarn, Heiligenhafen, Grömitz, Dahme, Kellenhusen, Timmendorfer Strand, Travemünde und Boltenhagen/Mecklenburg wurden eingerichtet. Das Stammhaus am Markt 8 wurde zu klein, und Julius Simonsen kaufte 1908 das Grundstück am Markt 25 hinzu.
Der 1. Weltkrieg bremste den jähen Aufstieg des Verlages, Julius Simonsen wurde 1915, wie schon vorher fast alle seine Mitarbeiter, als Kraftfahrer zum Kriegsdienst eingezogen. Der Betrieb musste zwangsläufig reduziert werden und wurde letztlich von seiner Ehefrau Käthe mit einem Angestellten „über Wasser“ gehalten. Die Herstellung von Paßbildern für Soldaten-Ausweise verblieb als Haupteinnahmequelle.
Aus dem verlorenen Krieg nach Oldenburg zurückgekehrt, sah Julius Simonsen sich außerstande, sein nur noch über geringe Einnahmen verfügendes Geschäft weiterzuführen. Er betätigte sich nunmehr auf einem völlig anderen Gebiet und wurde Pferdehändler. Von der Heeresverwaltung kaufte er ausgediente bzw. überzählige Pferde auf, um sie mit Gewinn weiter zu veräußern. Bald hatte er soviel Kapital angesammelt, um einen neuen Start in seinem Photographen-Beruf zu wagen.
Er nahm wieder Verbindung mit seinen ehemaligen Absatzgebieten auf. Die Nachfrage nach Postkarten und Photographien stieg ständig. Als cleverer Geschäftsmann dehnte Julius Simonsen seinen Tätigkeitsbereich weiter aus auf Thüringen, den Harz und den Schwarzwald. Das Geschäft florierte. - An dieser Stelle sei noch anzumerken, daß Franz Böttgers heimatkundliches Werk „Aus dem Winkel“ als Erstauflage 1925 im Verlag Julius Simonsen erschien.
Im Jahre 1929 veränderte sich Julius Simonsen ein zweites Mal. Er erwarb das Grundstück Göhler Straße 44, löste den Betrieb am Markt auf und zog in das Gebäude in der Göhler Straße um.
1932 übergab Julius Simonsen (er starb 1943) den Kunstverlag an seinen Sohn Hans, der den Betrieb bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges zielstrebig weiterführte. Auch er wurde 1941 zum Kriegsdienst eingezogen.
1945 zurückgekehrt, stand er vor einer kaum zu lösenden Aufgabe. Der Verlust seiner Absatzgebiete in Mecklenburg, Pommern und Ostpreußen war nur schwer auszugleichen. Der verbliebene Raum an Ost- und Nordsee reichte finanziell zur Weiterführung des Betriebes nicht aus. So nahm Hans Simonsen zunächst Verbindung mit Auftraggebern in Italien und Griechenland auf. Außerdem erweiterte er den Betrieb durch eine Buchdruck-Abteilung, in der Gebrauchsdrucksachen und Behördenvordrucke hergestellt wurden.
Von 1949 bis 1951 wurde auch die neu herausgegebene „Ostholsteinische Kreis-Rundschau“ in seinem Verlag gedruckt.
Es ging wieder aufwärts; der Betrieb zählte etwa 70 Mitarbeiter im Innen- und Außendienst.
Und dennoch, der Konkurrenzkampf wurde immer größer, neuentwickelte, kostenaufwendige Druck- und Vervielfältigungsverfahren, vor allem auf dem Farbsektor, lösten die althergebrachten Techniken ab. Die Firma Simonsen konnte finanziell nicht mehr mithalten, musste im Jahre 1957 den weiträumig angelegten Ansichtskarten-Vertrieb einstellen und führte nur noch die Buchdruck-Abteilung und ein Foto-Atelier am Oldenburger Markt weiter.
Der Familie Hans Simonsen entstammt der (nach seinem Großvater benannt) Sohn Julius, geb. 1941, der das Schriftsetzerhandwerk erlernte und seine Meisterprüfung ablegte. Da er sich gern selbständig machen wollte, in Oldenburg aber bereits 3 weitere Druckereien ansässig waren, musste er sich anderweitig umsehen. Und da bot sich der Waldort Lensahn, in dem seit der Betriebsaufgabe des Druckers August Maas im Jahre 1960 kein Druckereibetrieb mehr vorhanden war, für eine neue Existenz geradezu an.
1970 siedelte Julius Simonsen nach Auflösung des väterlichen Oldenburger Betriebes in der Göhler Straße nach Lensahn über und gründete in der Friedrich-August-Straße 7 eine Druckerei. Den Lensahnern war es willkommen, wieder einen „Jünger Gutenbergs“ in ihrer Gemeinde zu haben.
1973 wurde von der Gemeinde der "Lensahner Anzeiger" in Auftrag gegeben, der seit Ende 1979 14-täglich in Eigenregie als "Lensahner Kurier" weitergeführt wurde und insgesamt 1.001 Mal im Verlag Simonsen erschien.
Seit 1983 erscheint der "Oldenburger Kurier" und 1988 der "Lütjenburger Kurier" ebenfalls 14-täglich.
1976 wurde die Tochter Annika und 1979 der Sohn Jan-Peter geboren. Beide haben im elterlichen Betrieb gelernt und 2005 ihre Meisterprüfung abgelegt, Annika, wie ihr Vater, im Schriftsetzerhandwerk und Jan-Peter im Druckerhandwerk.
1999 wurde ein Tag der offenen Tür anlässlich des 100-jährigen Betriebsjubiläums veranstaltet, zu dem alle Kunden, Lieferanten und Freunde eingeladen waren.
In den 2000ern wurde kräftig investiert und und immer neue Maschinen angeschafft, um den technischen und sich wandelnden Anforderungen im Offsetdruck- und Satzbereich gerecht zu werden.
Als 2017 Julius Simonsen plötzlich verstarb, wurde die Firma von seiner Frau Traute noch bis Ende 2019 weitergeführt.
Die Kuriere wurden zum 1. August 2019 an den Burg-Verlag verkauft und werden dort weiterhin produziert.
Drucksachen und Werbemittel bleiben weiterhin in "Simonsen-Hand" und können wie gewohnt bestellt werden, jetzt hier in Lübeck.